Rezension
Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, Bd. 125, 2013
Das vorliegende Werk von Achim Behrens (Professor für Altes Testament an der lutherischen theologischen Hochschule in Oberursel) beschäftigt sich mit den zentralen Fragen der Hermeneutik des Alten Testaments: Mit welchem Recht lesen Christen das Alte Testament als jüdisches, vorchristliches und insofern unchristliches Buch als Urkunde auch ihres Glaubens? Das Werk ist in vier Teile untergliedert: Der erste Abschnitt »Was ist Hermeneutik?« (S. 15–32) führt in die Theorie des Verstehens allgemein und in Grundprobleme des theologischen Verständnisses des Alten Testaments ein. Der zweite Hauptteil »Geschichtliche Stationen der Fragestellung« (S. 33–56) lässt in skizzenhafter Form klassische Lösungsversuche des hermeneutischen Problems am Leser vorbeiziehen. Ausgehend von Jesus und seinem Umgang mit »der Schrift«, über die Evangelisten, Paulus und den Hebräerbrief eilt die Darstellung über Marcion und die altkirchliche Theorie vom vierfachen Schriftsinn ins Mittelalter, um dann über Luther, die Orthodoxie, den Pietismus und die Aufklärung zu Positionen der klassischen historisch-kritischen Forschung zu gelangen. Den eigentlichen Hauptteil bildet der Abschnitt »Lösungsansätze in der neueren Theologie« (S. 57–174). Der Vf. präsentiert hier fünf Modelle alttestamentlicher Hermeneutik mit insgesamt 12 gewichtigen Hauptvertretern. Unter »Verheißung und Erfüllung« werden Rudolf Bultmann, Friedrich Baumgärtel und Walter Zimmerli jeweils mit ihren Haupttexten und -thesen vorgestellt. Unter »Typologie« werden die Positionen von Hans Walter Wolff und Horst Dietrich Preuß dargestellt. Unter »Existentiale Interpretation« lernt der Leser die Positionen von Antonius Gunneweg, Manfred Oeming und Otto Kaiser kennen; für das Modell »Gemeinsame Geschichte von AT und NT« stehen Gerhard von Rad und Hartmut Gese. Als Vertreter einer »Hermeneutik des AT im Gespräch mit dem Judentum« werden Erich Zenger und Frank Crüsemann vorgestellt. Der vierte Hauptteil »Annäherungen« (S. 175–180) fasst die dargestellten Positionen noch einmal systematisch zusammen und schärft die Hermeneutik des Alten Testaments als theologisches Unterfangen ein. Bibelstellenregister, Stichwortverzeichnis und Bildquellennachweis runden den Band ab. Das Buch ist didaktisch hervorragend aufbereitet; mit einer Fülle von farbigen Kästchen, Diagrammen, Fotos und strukturierenden Randüberschriften (Marginalien) wird der Leser sehr gut geleitet. Auch aufgrund der Merksätze und Kontrollfragen, die der Selbstprüfung dienen, aber auch als Ausgangspunkt für Lerngruppen genutzt werden können, so wie durch Anregungen zum kritischen Überdenken (hoffentlich auch der Position des Autors selbst) ist das Buch eine pädagogische Meisterleistung zu nennen. Durch die Verwebung von Darstellung der Forschermeinungen und Anwendung auf biblische Texte selbst verdanken wir Achim Behrens nicht nur ein flüssig geschriebenes Arbeitsbuch für Studierende, sondern auch für gebildete Laien und Gemeindekreise.
Manfred Oeming