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Rezension

Historische Zeitschrift, Bd. 283 (2006)

Jahrzehntelang hat die deutschsprachige Forschung die herrschafts- und außenpolitische Dimension der spätrepublikanischen Geschichte Roms angesichts der Fixierung auf die inneren Verhältnisse vernachlässigt oder lediglich als Akzidenz der Kämpfe um die Macht im Reich verstanden. Daß der vorliegende Sammelband über »Roms auswärtige Freunde« eine Kurskorrektur beabsichtigt, ist so an sich schon zu begrüßen. Die aus einem entsprechenden Projekt der Universität Tier hervorgegangenen Beiträge decken ein weites geographisches und chronologisches Spektrum ab und variieren in bezug auf den methodistischen Zugriff und inhaltlichen Ertrag. Nach einem anregenden Überblick über den Forschungsstand widmen sich detailreiche Einzelanalysen von H. Heinen und D. Braund dem häufig vernachlässigten Schwarzmeerraum, der schon früh (nämlich in den 180er Jahren) in das Blickfeld der römischen Außenpolitik geriet. Eine zweite Gruppe von Aufsätzen konzentriert sich auf markante Einzelpersönlichkeiten (Balbus, Ptolemaios XII., Herodes, Arminius) und ihre Rolle im komplizierten Spiel zwischen individueller Machtbewahrung und Unterstützung römischer Interessen. Ergänzt werden diese Studien durch eine eher lexikonartig angelegte onomastische Untersuchung von J. Zeidler zu Spanien. Leicht verlieren solche Analysen den (komparativen) Blick auf das Ganze, und so bilden die breiter angelegten Studien üner die Senatspolitik im griechischen Osten nach 133 von B. Dreyer (aufgrund einer neuen Inschrift aus Megalopolis) sowie die bilanzierende Zusammenschau von G. A. Lehmann (die auch als Einleitung sinnvoll gewesen wäre) eine wertvolle Verbindung mit eigenständiger perspektivöffnender Funktion. Der Wert des sorgfältig edierten Bandes liegt weniger in grundlegenden neuen Erkenntnissen – diese sind ohnehin kaum zu erwarten –, sondern darin, daß er die politische Bedeutung und die in ihrem jeweiligen geographischen und historischen Kontext variierende Rolle auswärtiger Potentanten (auch jenseits der städtischen Honoratiorenschicht) in der späten Republik und Kaiserzeit wieder ins Blickfeld der Forschung rückt. Dabei wäre es gar nicht nötig, sich so aktueller, mitunter auch modischer, aber für den antiken Bereich sachlich problematischer oder redundanter Begriffskombination wie »transnationaler Naheverhältnisse« (was bedeutet in der Antike schon »transnational«?) oder »interpersonaler Beziehungen« zu bedienen; wichtig für die Zukunft wäre vielmehr eine aus den Quellen und der Sache gewonnene Typologie von Beziehungen, welche die Basis für den Vergleich mit späteren Epochen und anderen Großräumen (China, Indien) bilden könnte.

Raimund Schulz

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Umschlagbild: Roms auswärtige Freunde in der späten Republik und im frühen Prinzipat

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Roms auswärtige Freunde in der späten Republik und im frühen Prinzipat

Coşkun, Altay

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