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Rezension

Bremisches Jahrbuch Band 89, 2010

Karl Heinz Voigt, emeritierter Pastor der evangelisch-methodistischen Kirche in Bremen, legt eine lehrreiche und gelungene Studie zur Geschichte der methodistischen Mission in Hamburg in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor. Der Autor, zudem viele Jahre Ökumene-Beauftragter seiner Kirche, ist einer der großen Kenner der gegenwärtigen Lage sowie der Geschichte der Freikirchen, insbesondere natürlich der evangelisch-methodistischen Kirche. So verfasste er bisher u. a. eine Dar¬stellung der Methodistenkirche während der Zeit des Nationalsozialismus (1980), ferner ein Werk über die Evangelische Allianz als ökumenische Bewegung (1990), eine Arbeit über die Freikirchen im 19. und 20. Jahrhundert (2004) sowie einen Ein-blick in die Geschichte der evangelisch-methodistischen Kirche in Bremen (1994).
Nach Ausweis der vierten Auflage des evangelischen Standardlexikons »Die Religion in Geschichte und Gegenwart« (Bd. V, S. 1179) ist der Methodismus »die letzte große Kirchenbildung im Raum des Protestantismus und stellt die weltweit erfolgreichste dar, die aus den neuzeitlichen Erweckungsbewegungen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts hervorgegangen ist. « Er entstand als Folge von pietistischen Ein¬flüssen innerhalb der anglikanischen Kirche von England und Wales in den 30er und 40er Jahren des 18. Jahrhunderts. Zu den wichtigsten und nachhaltigsten Füh¬rern gehörten die Brüder Charles und John Wesley, wobei der letztere der wichti¬gere war. Heute umfasst die methodistische Konfessionsfamilie weltweit-rund 70 Millionen Gläubige. In Deutschland besteht seit 1987 Abendmahlsgemeinschaft mit den evangelischen Landeskirchen.
Karl Heinz Voigt, ausgewiesener Sachwalter der Geschichte der Bremer Evangelisch-methodistischen Kirche, beschreibt nun die ebenso spannende Geschichte der Hamburger Schwestergemeinde. Seine Darstellung speist sich aus ungedruckten Quellen (zumeist autobiographische Aufzeichnungen), gedruckten Quellen (zumeist Zeitschriften), Protokollen und Jahrbüchern sowie einer Fülle von Sekundärliteratur in sechs Kapiteln und einem längeren Anhang:
I »Über die Wurzeln in Amerika«,
II »Ankommen in Hamburg - die Bedeutung der Bischöflichen Methodistenkirche«,
III »Nicht nur reden - auch handeln: Die Mission der Bethanien-Diakonissen«,
IV »Noch einmal - Ankommen in Hamburg: Die Evangelische Gemeinschaft«,
V »Noch einmal: reden und handeln - Die Mission der Ebenezer-Diakonissen«,
VI »Ganzheitliche Kirche sein«.
Warum bietet es sich an, ein Hamburger Thema im Bremischen Jahrbuch zu rezen¬sieren? Am Beginn der amerikanischen methodistischen Mission in Deutschland steht der Name des Pastors Ludwig S. Jacoby, der am 7. November 1849 in Bremen landete und von hier aus seine Missionsarbeit zu organisieren begann Mitte des nächsten Jahres trafen zwei Helfer aus Amerika ein, um die umfänglichen Aufgaben Jacobys zu unterstützen. Der eine war der Pastor Carl H. Doering, der ursprünglich aus Deutschland stammte und den Jacoby dazu ausersah, nach Hamburg zu gehen.
Die Verhältnisse waren klein, in denen Doering dort sein erfolgreiches, Werk be¬gann. Nicht zuletzt wurde er bald schon deswegen ein gesuchter Seelsorger und Prediger, weil er Auswanderern gute Ratschläge für die neue Welt mitgeben konnte. Die methodistische Kirche in Hamburg nahm einen großen Aufschwung. Fußend auf der Frömmigkeit eines John Wesley zeichnete sich das methodistische Wirken durch ein gezieltes diakonisches Handeln aus. Sicher muss man dieses Engagement der Nächstenliebe im Zusammenhang mit den damaligen Aktivitäten des Hambur¬ger Protestantismus insgesamt sehen. Denn auch innerhalb der Landeskirche, deren oberster Bischof ja der Hamburger Senat war, entstanden neue diakonische Einrich-tungen. Hier sind vor allem die Namen des großen Diakonikers Johann Hinrich Wichern (Rauhes Haus) sowie der des umtriebigen Heinrich Matthias Sengelmann (Alsterdorfer Anstalten) zu nennen.
Kritisch beleuchtet der Verfasser Teile des damaligen Hamburger Protestantismus, in denen auf dem Hintergrund der Säkularisation Glaube und Handeln auseinan-derzufallen drohten. Die Methodisten mit ihren Diakonissen-Häusern und anderen Wohlfahrtseinrichtungen waren hier Inseln einer besonders lebendigen Frömmigkeit, die viele Menschen durch ihr authentisches Handeln überzeugten.
Karl Heinz Voigt legt eine ausgezeichnet recherchierte, fundierte und gut lesbare Studie zur Hamburger Kirchengeschichte vor. Nach Aussage von Ruth Albrecht, Professorin für Kirchengeschichte an der Universität Hamburg, steht die »noch zu schreibende Kirchengeschichte Hamburgs im 19. Jahrhundert« aus. (Geleitwort) Hier dürfte Voigts Arbeit eine wichtige Grundlage liefern. Denn die Geschichte des christlichen Glaubens in einer Stadt ist zugleich die Geschichte einzelner Kirchen-gruppen und ihrer Verbindung zueinander. (Ruth Albrecht) Hier hat der Verfasser für die methodistische Kirche Vorbildliches geleistet.
Peter Ulrich

Rezensierter Titel:

Umschlagbild: Methodistische Mission in Hamburg (1850—1900)

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Methodistische Mission in Hamburg (1850—1900)

Transatlantische Entwicklungen
Voigt, Karl Heinz/Albrecht, Ruth

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