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Rezension

unterwegs Nr. 9/26. April 2009

Interview

Die biblischen Heilungsgeschichten finden viel zu wenig Beachtung in der diakonischen Arbeit und im Gemeindealltag, meint Pastor Frank Eibisch, Direktor im EmK-Diakoniewerk Bethanien und Theologischer Geschäftsführer in der Bethanien Krankenhaus Chemnitz gGmbH und der Fachklinik Klosterwald gGmbH. Er ermutigt in seinem Buch »Dein Glaube hat dir geholfen« dazu, Krankheit und Behinderung nicht aus der Gemeinde auszuklammern. Christine Haag-Merz hat mit ihm gesprochen.

Die Wundergeschichten der Bibel sind beeindruckend, aber sind sie nicht weit weg von unserem Alltag?

Frank Eibisch: Bei den Heilungsgeschichten steht nicht in erster Linie das Wunder, das große Spektakel, das Übernatürliche im Vordergrund. Im Gegenteil: Jesus geht gerade auf unspektakuläre Weise mit dem Thema Gesundheit und Krankheit um. Im Markusevangelium insgesamt wird das sehr deutlich: Jesus will eben nicht an seinen Wundertaten als der Christus erkannt werden, sondern an seinem Leiden am Kreuz. Die Überwindung von Kreuz und Leid wird dann als Folge davon verstanden.

Trotzdem fühlen wir uns in der Gemeinde oft hilflos, weil wir ja nicht einfach die Menschen gesundmachen können, so wie Jesus damals ...

Frank Eibisch: Den Jüngern im Markusevangelium ging es nicht anders – siehe Kapitel 9. Auch der Vater des epileptischen Knaben sagt in Vers 24: »Ich glaube, hilf meinem Unglauben.« Dieses Hin- und Hergerissensein bleibt unsere Erfahrung im Glauben. Wir müssen mit beidem leben können: Sowohl mit einer Spontanheilung oder einer gelungenen Operation, für die wir Gott danken dürfen, als auch mit einem unveränderten Krankheitszustand. Unser Vertrauen in Gott kann nicht vom Ergebnis unserer Gebete abhängen.

Was heißt das für den diakonischen Auftrag der Gemeinden?

Frank Eibisch: Wir haben von Jesus den Auftrag, uns den kranken Menschen zuzuwenden, damit die Nähe Gottes spürbar werden kann. Dabei spielt nicht der Erfolg die entscheidende Rolle, sondern die Stärkung der Beziehung zu Gott. Nicht nur da, wo Menschen Heilung und Besserung ihrer Leiden erfahren, sondern wo sie auch lernen und einüben, mit Grenzen und Krankheit leben zu können, leuchtet die Nähe des Gottesreiches auf.

Wie kann denn Gottes Reich sichtbar werden, wenn keine Heilung erfolgt?

Frank Eibisch: Ich finde es hilfreich, wenn wir in der Gemeinde keine Erfolgsgeschichten erzählen, sondern Beziehungsgeschichten, also: Welche Rolle spielt Gott in meiner Krankheit und in meiner Gesundheit? Gibt mir der Glaube Trost in schwierigen Zeiten? Auch die Fähigkeit, mit Einschränkungen leben zu können, ist so ein Zeichen für den Anbruch des Gottesreiches. »Dein Glaube hat dir geholfen«, sagt Jesus – davon sollten wir uns gegenseitig mehr erzählen.

Wäre es sinnvoll, Heilungsgottesdienste zu feiern?

Frank Eibisch: In der Gemeinde kann es nicht um die öffentliche Heilung eines Kranken gehen, sondern um die Verkündigung des Evangeliums durch das öffentliche Reden über Gesundheit und Krankheit, über Heilung und das Ausbleiben von Heilung. Aus den Heilungsgeschichten des Markusevangeliums lerne ich: Das Erzählen ist wichtig, nicht das öffentlich Zur-Schau-Stellen von Gelingen. Jesus selbst hat sein heilendes Handeln ja auch eher bescheiden gehandhabt, während die Verkündigung des Evangelisten auf eine große Leserschaft hofft. Ich habe eine Liturgie aus England gelesen, wo die Bitte um Gesundheit ganz normal im Gottesdienst vorkommt, ohne Erfolgsdruck. So würde ich mir das auch bei uns wünschen. Manche Gemeinden greifen das in der Zeit der Gemeinschaft auf.

Die Fürsorge für die Kranken gehört ja auch zu unserem methodistischen Erbe …

Frank Eibisch: Das hat mich wirklich beeindruckt, wie John Wesley damals die medizinische Versorgung für Bedürftige organisierte. Er hat ein Netzwerk von Apothekern und Ärzten aufgebaut, sogar selbst einfache ärztliche Behandlungen durchgeführt und Literatur mit Gesundheitstipps zur Prävention und Therapie veröffentlicht. Für ihn war es selbstverständlich, dass man für die Kranken betet und gleichzeitig alle medizinischen Möglichkeiten nutzt. Dieser unverkrampfte, selbstverständliche Umgang mit Krankheit und Gesundheit würde uns in den Gemeinden gut tun.

Rezensierter Titel:

Umschlagbild: Dein Glaube hat dir geholfen

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Dein Glaube hat dir geholfen

Heilungsgeschichten des Markusevangeliums als paradigmatische Erzählungen und ihre Bedeutung für diakonisches Handeln
Eibisch, Frank

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