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Rezension

Archiv für Liturgiewissenschaft, Jahrgang 60, 2019

Der Untertitel des Werkes spiegelt die vom Vf. bearbeitete Problemlage wieder, die sich gerade im Eucharistiegebet zeigt: Ist das Herrenmahl »primär Zusage Gottes, ein reines Geschenk, oder ist es Danksagung, ein Akt der Kirche im Heiligen Geist, in der sich im Gebet zu Gott die gnadenhafte Zuwendung Gottes ereignet« (12)? Davon ausgehend entfaltet Vf. die Lehre und Feier des Herrenmahles bei Luther (14−159). Dabei muss zunächst festgestellt werden, dass »Luthers Neufassung des Herrenmahlsverständnisses als promissio ... ein Bruch mit seinem bisherigen Verständnis des Herrenmahles als eines Mittels zur Meditation des Leidens Christi und als Ort des sacrificium laudis et confessionis« (14) ist. Für Luther ist das Herrenmahl eine Handlung Gottes im Modus der Zusage, die der Glaube ergreift, was sich insbesondere in den Einsetzungsworten manifestiert (80−103). Damit wird aber eine Bestimmung des Herrenmahls als eines Opfers des Priesters unmög¬lich gemacht (68). Er kann aber zumindest den Empfang und Gebrauch des Herrenmahles als Dankopfer ansehen, »womit der Kommunikant seinen Dank für das Leiden und Sterben Christi ausdrückt« (76). Nichts anderes tut auch der Priester, wenn er das Dankopfer darbringt. Die Neufassung des Herrenmahls als promissio äußert sich praktisch darin, dass die Einsetzungsworte laut gesprochen werden sollen (111). Die anschließend behandelte Theologie und Feier des Herrenmahls in den Bekenntnisschriften (160−198) zeigt die grundsätzliche Bewahrung der zentralen Einsichten Luthers zum Herrenmahl auch in späterer Zeit. Die neuere Diskussion beginnt mit einem Kapitel über Julius Muethel und die Auseinandersetzung um seine Schrift zum Herrenmahl (199-223). Muethel behält zwar den Zusagecharakter der Einsetzungsworte bei, grenzt sie aber von einer Eulogie ab, die für ihn zum »würdigen (ordnungsgemäßen) liturgischen Sakraments-Vollzug« (210) gehört. Er verfällt damit einem Dualismus, der es ihm ermöglicht, »die liturgische Handlung gänzlich als eine actio humana zu sehen, als eine sakrifizielle Handlung, und damit einen Gebetsakt« (222). Daran schließt sich Peter Brunners Theologie des eucharistischen Hochgebetes (224−241) an. Er legt dabei ein besonderes Gewicht auf die Anamnese, in der sich für ihn die Heilsvermittlung verwirklicht: »Anamnese ist hier die Selbstvergegenwärtigung der Person Christi, damit seines geschichtlichen Menschseins, worin das, was er getan hat, eingeschlossen ist« (227). Diese Selbstvergegenwärtigung findet allerdings im menschlichen Tun statt, auch wenn es im Gehorsam gegenüber der Stiftung Christi geschieht (228). Die Konsequenz daraus ist ein »Ineinander von göttlichem und menschlichem Tun in der Liturgie anstelle eines klaren Gegenübers von Gotteswort und Menschenhandlung« (240f). Auch Hans-Christoph Schmidt-Lauber hat sich — wie Peter Brunner — für die Wiedereinführung des Eucharistischen Hochgebets eingesetzt. Das ihm gewidmete Kapitel (242−265) zeigt seine an der Alten Kirche und der dort entwickelten Danksagung geschulte Kritik an Luthers Messreform, die ihm wiederum großen Widerspruch eingebracht hat. Im anschließenden Kapitel geht es um die Theologie der Repräsentation (266−283), wie sie z.B. in der Theologie Odo Casels vor dem Hintergrund antiker Mysterienkulte formuliert worden ist. Für ihn ist die Herrenmahlsfeier die »Gegenwärtigsetzung des Kreuzesopfers« (zit. 272). Diese Auffassung »stellt einen Paradigmenwechsel gegenüber der reformatorischen Lehre vom Heil durch die Promissio dar. Wird hier das Heil zugesprochen, ist dort die Gleich¬zeitigkeit mit dem Heilsereignis bestimmend für die Heilszueignung« (283). Eine inner-protestant. Bereicherung ist das siebte Kapitel, das sich mit dem Eucharistischen Hochgebet in den lutherischen Kirchen in den USA (284−341) befasst und die Probleme der verschiedenen Hochgebete kritisch darstellt. Im anschließenden achten Kapitel Das Neue Testament und das eucharistische Hochgebet (344−390) werden die ntl. Argumente geprüft, die die Befürworter eines Eucharistischen Hochgebets anführen. Die unterschiedlichen Thesen zur religionsgeschichtlichen Herkunft des letzten Mahles Jesu mit seinen Jüngern, zur Bedeutung der Einsetzungsworte und zur sozio-religiösen Verortung werden diskutiert. Hier ist dem Vf. klar geworden, »daß vom Stiftungsmahl her die Elemente durch die Worte Jesu definiert sind, nicht durch das Dankgebet« (390). Darauf aufbauend wird im folgenden Kapitel Eucharistiegebet und Kirchengeschichte (391−415) gezeigt, welche Einflüsse dennoch zu einem Eucharistiegebet in der Alten Kirche geführt haben. Hier erweist sich der Einsetzungsbericht syntaktisch als Fremdkörper im Lobgebet, der zu einer Krise des Eucharistiegebets führt (413). Im abschließenden Kapitel werden die bisher aufgeworfenen Fragen systematisch geordnet und behandelt (416−464). Dabei kommt der Autor zu dem Ergebnis, die Bedeutung der Einsetzungsworte zu relativieren (460), um damit einen Spielraum in ihrem liturgischen Gebrauch zu eröffnen: »Es geht also nicht darum, daß ›Unser Herr Christus, in der Nacht, da er verraten wurde, usw.‹ zitiert wird, sondern daß in der Feier die Gabeworte selbst als die Worte Christi eingeführt werden« (463), ob in luth. oder in oberdt. Form oder im Rahmen eines Eucharistischen Hochgebetes.
Thomas Melzl

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Die Deutung des Herrenmahles zwischen Promissio und Eucharistie
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