Rezension
Lutherische Kirche 09/2016
Kein »Hörbuch« im eigentlichen Sinn hat Christoph Barnbrock, Professor an der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel, vorgelegt; man muss schon selber lesen.
Aber ums Hören geht es darin, ums Predigthören. Der Praktische Theologe fragt einmal nicht, was denn eine gute Predigt ausmacht, sondern was eigentlich beim Hören von Predigten passiert. Dieser Hörprozess beginnt nicht erst, wenn der Pfarrer auf die Kanzel steigt. Das eigene Leben predigt mit, die eigenen Erwartungen und Erfahrungen lenken das Hören.
Auf seiner »Entdeckungsreise« skizziert Barnbrock unterschiedliche Arten des Hörens sowie der Predigtformen, er weist auf Irritationen in der Kommunikation hin und auf Faktoren, die das Predigthören mit beeinflussen, wie die Gemeinde, in der gepredigt wird, der Raum, die eigene Körperhaltung (nicht nur die des Predigers) oder die Vorbereitung auf die Predigt.
Dass es auch schlechte Predigten gibt, stellt Barnbrock nicht in Abrede.
Er weist aber auch darauf hin, dass es auf der anderen Seite »Hörprobleme« gibt, die nicht nur mit dem Handwerk des Predigtschreibens oder mit äußeren Störfaktoren zusammenhängen, sondern die eine geistliche Dimension haben.
»Probleme beim Predigthören und der Eindruck, eine Predigt habe mir nichts zu sagen, können also auch darin wurzeln, dass ich mich in meinen (...) Grundannahmen über das Leben nicht irritieren lassen möchte.«
Barnbrock plädiert für eine wohlwollende, erwartungsvolle Hörhaltung: »Es könnte hilfreich sein, beim Hören von Predigten gerade auf das zu achten, was meinem gewöhnlichen Denken entgegensteht und nicht so einfach ›verdaubar‹ ist. Es könnte sich um das handeln, was in einer Predigt besonders wertvoll ist.«
Es könnte sein, dass man am Ende der Lektüre des »Hörbuchs« mit weniger Vorurteilen in den nächsten Gottesdienst geht und so eine ganz »neue« Predigt hört.
Doris Michel-Schmidt