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Rezension

Archiv für Liturgiewissenschaft, Jahrgang 54, 2012

Der Methodismus ist zunächst als Bewegung erneuerter Frömmigkeit in der anglikan. Kirche des 18. Jh. erwacht und schrittweise (unter Erhaltung des anglikan. Episkopalmodells) in England und auch in Amerika zur eigenständigen Kirche geworden. Prägende Gründerfiguren waren die aus einer anglikan. Priesterfamilie hervorgegangenen Brüder John (1703–1791) und Charles (1707–1788) Wesley. Während John als der eigentliche Organisator des Methodismus anzusprechen ist, erscheint Charles als spiritueller Inspirator. Er gilt als Gründer des dynamischen »Oxford Holy Club« und hat in seiner langen Karriere als Erweckungsprediger Tausende von Gedichten und vor allem Liedern verfasst, die nicht bloß in den methodist. Gottesdiensten, sondern breit gestreut im evang. Kirchenbereich, soweit dieser erweckungsfromme Züge trug und trägt, in zahlreichen Sprachen verwendet und tradiert werden. Darunter findet sich u. a. das berühmte Pfingstlied zum Gedächtnis seiner Bekehrung »o for a thousand tongues to sing my great Redeemer’s praise« (»Mein Mund besinge tausendfach den Ruhm des Herrn der Welt«). Vor allem in Amerika wird eine Anzahl dieser Gesänge bis in die Gegenwart praktiziert. — Im vorliegenden Werk des amerikan. Theologieprofessors aus Houghton wird die theol. und spirituelle Lebensgeschichte von Charles Wesley dargelegt. Die 20 Kapitel sind in biographisch-historischer Reihenfolge an frappanten Aussagen aus Wesleys poetischem Werk aufgehängt. Das zunächst nicht besonders ins Auge springende, aber inhaltlich gewichtige Verdienst des Buches liegt in der sorgfältigen und teilweise erstmaligen Auswertung von Quellenmaterial. Über diese Forschung gibt der Autor im Anhang detailliert Auskunft: A Note an the Sources (340–347). Die ganze Biographie ist nicht nur mit viel Sachkenntnis, sondern vor allem großer Einfühlungsgabe und Überzeugungskraft geschrieben. Vf. hebt hervor, dass Charles Wesley in allen Dingen und Ereignissen das direkte Handeln Gottes zu erkennen wusste, und verweist auf den Einfluss eines ausgeglichenen Familienlebens und auf den Frömmigkeitsstil des Predigers und Dichters (im Unterschied zur Situation seines Bruders; vgl. S. IX). — Die wichtige Rolle der methodist. Kirchengemeinschaft im zeitgenössischen ökumenischen Dialog — sowohl im Rahmen von Faith and Order wie in den bilateralen Gesprächen zwischen dem röm. Katholizismus und der internationalen methodist. Kirchengemeinschaft — ist bekannt. Die Stellung zwischen Frömmigkeitsbewegung und ekklesialer Ordnung ist für den Methodismus eine historische Komponente, der eine eigentümliche Dynamik innewohnt. Charles Wesley ist dafür eine emblematische Figur. Thematisiert wird die Problematik im letzten Kapitel an der Frage von Ordination und methodist. Laienpredigern in England und für Amerika, im Blick auf die Nachfolge der beiden Wesleys und die Beziehungen zur Anglican Communion (306–322). — Charles figuriert als Verteidiger des traditionell anglikan. strukturierten Konzepts von Kirche. Die Spannungen zwischen den Brüdern sind nicht gerade erbaulich. Sie stellen aber ein Stück realer Kirchengeschichte dar und prägen die Frömmigkeit mit.
Bruno Bürki

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Assist Me To Proclaim

The Life and Hymns of Charles Wesley
Tyson, John R.

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