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Rezension

Theologische Revue 01/2015

Es gibt sicherlich Phasen, in denen das Thema Sterbehilfe in der gesellschaftlichen Diskussion Hochkonjunktur hat. Unabhängig davon ist aber aufgrund des medizintechnischen Fortschritts und der Betonung der individuellen Selbstbestimmung die Frage nach der Gestaltung des Sterbens ständig präsent. In diesen Diskussionen spielen die Stellungnahmen der Kirchen eine wichtige, häufig auch politisch einflussreiche Rolle. Obwohl in Zeiten der Digitalisierung die verschiedenen Dokumente und Stellungnahmen der verschiedenen Kirchen grundsätzlich zugänglich sind, ist dieses Feld sehr unübersichtlich. Die vorliegende Publikation stellt 21 Texte zusammen, in denen sich europäische Kirchen zur Frage nach dem Umgang mit der Sterbehilfe positionieren:
»lura et Bona. Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie« (röm.-kath.); »Das Leben bewahren. Hirtenbrief der nordischen Bischöfe über Pflege in der Endphase des Lebens« (röm.-kath.); »Die Würde des sterbenden Menschen. Pastoralschreiben der Schweizer Bischöfe zur Frage der Sterbehilfe und der Sterbebegleitung« (röm-kath.); »Respecter l’homme proche de sa mori« (röm.-kath.); »Care during Suffering and Dying« (röm.-kath.); »Basic positions on the ethics of Euthanasia« (griech.-orth.); »Die Grundlagen der Sozialdoktrin der Russisch-Orthodoxen Kirchen« (Kap. XII.8) (russ.-orth.); »Im Geist der Liebe mit dem Leben umgehen. Argumentationshilfe für aktuelle medizin- und bioethische Fragen« (Kap. 3.2.) (ev.); »Synodalvorlage zum Thema Euthanasie und Beschluss« (ev.-luth.); »Euthanasie et assistance aux mourants: elements de réflexion« (ev.); »Das Sterben leben. Entscheidungen am Lebensende aus evangelischer Sicht« (ev.); »Medizinische Entscheidungen im Umfeld des Lebensendes. Seelsorgliche und moralische Erwägungen. Handreichung für die Seelsorge« (ev.); »Stellungnahme der Evangelischen Kirche in Österreich zum Thema Sterbehilfe« (ev.); »Assisted Suicide and Voluntary Euthanasie — A Briefing Paper from the Mission and Public Affairs Council« (angl.); »The 1998 Lambeth Conference Resolution on Euthanasie« (Resolutiones 1.14) (engl.); „Konsenserklärung zum Thema Sterbehilfe« (advent.); »Soziale Grundsätze« (Art 161, 13.14) (ev.-method.); »Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen. Zum Umgang mit Sterben und Tod heute« (selbstständig luth.); »Eine Erklärung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich zum menschenwürdigen Sterben« (ökumen.: multilateral); »Contribution for the Euthanasie debate in the Council of Europe« (ökumen.: multilateral); »Joint Submission from the Church of England House of Bishops and the Roman Catholic Bishops’ Conference of England and Wales« (ökumen.: angl. und röm.-kath.).
Jedem Text werden in tabellarischer Form entscheidende Grunddaten vor-ausgeschickt (Konfession, Titel, Verfasser, Herausgeber, Veröffentlichungsjahr, Adressatenraum, Veröffentlichung). Zusätzlich wird er noch durch eine kurze Einführung in inhaltlicher Hinsicht eingeordnet (Anlasonderheiten der Argumentation). Die englischsprachigen und französischsprachigen Texte werden in der Originalsprache abgedruckt. Der Textauswahl liegen drei Kriterien zugrunde: »Die Erklärungen sollen erstens die konfessionelle Breite der Kirchen in Europa abbilden, zweitens eine möglichst hohe, offizielle Geltung innerhalb ihrer Kirchen besitzen und drittens den möglichst aktuellen Stand der kirchlichen Positionen abbilden.« (15) Als hilfreiche Register sind sowohl ein Bibelstellenregister als auch ein Sachregister beigefügt.
In den kurzen Einleitungen zu den Stellungnahmen werden Einseitigkeiten ausdrücklich offengelegt (z.B. wenn spezifisch protestantische Inhalte als all-gemein christlich ausgegeben werden [126]) oder aber auch Unterschiede in verschiedenen Dokumenten derselben Kirche (z.B. zwischen verschiedenen Dokumenten der röm.-kath. Kirche [100]). Da der Hauptakzent auf den jeweiligen ethischen Urteilen und Argumentationen liegt, wurden Anhänge der Texte, die Gebete oder Liedvorschläge enthalten, nicht abgedruckt (vgl. 172).
In der Einleitung (17–33) werden zunächst terminologische Fragen (»Die Suche nach den richtigen Begriffen«) geklärt. In einigen weiteren Aspekten (Menschenwürde/Lebensschutz, Kirche und Gesellschaft, christliche Menschenbilder) legt die Einleitung lediglich einen Problemaufriss vor. Bei den argumentativen Strukturen werden v. a. die Handlung mit Doppelwirkung, das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und Dammbruchargumente beschrieben. Es wird kurz auf konfessionelle Differenzen, v. a, aber auf übergreifende Übereinstimmungen hingewiesen. Schließlich thematisiert die Einleitung die Relevanz ökumenischer Stellungnahmen und stellt berechtigte Fragen zur Verbindlichkeit in den beteiligten Kirchen. Angesichts der Bedeutung des Begriffs Autonomie 7 Selbstbestimmung in den Dokumenten, aber auch grundsätzlich in der Diskussion über die Sterbehilfe, fehlt eine angemessene Reflexion auf die verschiedenen Möglichkeiten, Autonomie/Selbstbestimmung zu verstehen. Demgegenüber ist vermutlich die holzschnittartige Einteilung, wonach die katholische Kirche der Gesellschaft eine Kultur des Todes vorwirft, während die protestantische Kirche sich auf die gesellschaftlichen Vorstellungen einer Kultur des Sterbens einlässt, der Kürze eines solchen einführenden Textes geschuldet.
Auf jeden Fall erfüllt dieser Band die im Vorwort ausdrücklich genannte Absicht, für interessierte Einzelne, für Gemeinden und Kirchenleitungen und für jene, die an der Entwicklung neuer Stellungnahmen arbeiten bzw. in ökumenischen Dialogen über ethische Fragen involviert sind, hilfreich zu sein. Bei einer evtl. Neuauflage sollten allerdings die orthographischen Mängel (43 und von da an in der Kopfzeile: Bischofkonferenz, 121: weißt) und die grammatikalischen Unregelmäßigkeiten (29, 121) korrigiert werden.
Elmar Kos

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Mit dem Leben am Ende

Stellungnahmen aus der kirchlichen Diskussion in Europa zur Sterbehilfe
Schardien, Stefanie

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