Rezension
Missionsblatt Gehet hin, Jahrgang 105, Heft 6
Dieses Buch betrachtet Christentum in Afrika aus nicht-westlichem Blickwinkel: Lamin Sanneh, römisch-katholischer Professor für Missionswissenschaften und Kirchengeschichte an der Divinity School der Yale-Universität in New Haven/USA, in jungen Jahren vom Islam zum christlichen Glauben konvertiert – er weiß, wovon er schreibt, denn er selbst stammt aus Afrika und kennt die dortige Entwicklung.
In diesem nun auf Deutsch erschienenen Buch legt er zunächst kenntnisreich dar, wie christlicher Glaube im »Westen« an Bedeutung verliert und umgekert in Afrika und Asien Bedeutung gewinnt – dies aber in Europa und Nordamerika misstrauisch oder gar nicht gesehen wird. Sanneh stellt fest, dass der »Westen« seinen Abschied vom Glauben als wegweisenden Erkenntnisgewinn betrachte – zu dem die ganze Welt auch noch gebracht werden müsse: »Wir erinnern uns an unsern schicksalvollen Eintritt in die Mündigkeit, bei dem der Teufel, der uns unsere ganze Kindheit durch geplagt hatte, Selbstmord beging, weil wir in den Genuss von naturwissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen gekommen waren. ... Der Tanz ums Goldene Kalb habe die Himmelsherrschaft beendet ...« (S. 15) Mit spitzer Feder führt der Autor den Westen vor, der christliche Mission wegen ihrer früheren Verstrickung in den Kolonialismus ablehnt – der sich heute in seiner Glaubenslosigkeit aber wiederum als Vorreiter einer neuen, nun säkularen Weltordnung fühlt und die auch »missionarisch« vertritt. Nur, dass die Menschen in der Welt, etwa in Afrika, diesmal nicht mitmachen.
Das Buch ist nach dem Eingangskapitel in 115 Fragen und Antworten gegliedert, in denen Sanneh kritische Fragen zu Mission und Ausbreitung des Christentums stellt und beantwortet. Der Autor ist überzeugt: Für die Ausbreitung des Glaubens sind die Bibelübersetzungen am wichtigsten.
Das Buch gefällt wegen seiner sehr klaren Sicht der geistesgeschichtlichen Strömungen unserer Zeit und wegen seiner erfrischend »anderen« Herangehensweise an wissenschaftliche Themen. Es verschafft Lesern aus dem »Westen« eine andere Sichtweise auf die Welt und auf den weltweiten Glauben. Sicherlich kann man aus lutherischer Sicht nicht alles unterscheiben, was der Autor vertritt, etwa, wo er von seinem römisch-katholischen Hintergrund her die Benutzung heidnischer Gottesnamen für den Gott der Bibel fast ausschließlich positiv werten kann. Dennoch: Eine eindeutige Lese-Empfehlung für alle, die Mission und Glauben in der Welt – und ihre eigene Herkunft aus dem »Westen« einmal ganz anders durchdenken wollen.
Martin Benhöfer