Rezension
unterwegs 04/2013
Gnade bringt Verantwortung
Dieses grundlegende Anliegen des erneuerten Lebens spiegelt sich in den Titeln von Büchern zur methodistischen Theologie wider, die in verschiedenen Varianten die geschenkte Gnade mit der bewirkten Lebensveränderung kombinieren: Gelebte Gnade (Walter Klaiber/ Manfred Marquardt 1993, 2006), Verantwortliche Gnade (Randy L. Maddox 1994), Gnade und Verantwortung (John B. Cobb 1995). In diesen Doppelbegriffen verbirgt sich zudem die Spannung zwischen der Verankerung in der christlichen Tradition und der Verwirklichung in einem heutigen Kontext. Ganz gemäß dieser Tradition der Doppelbegriffe hat der irische Theologe Stephen Skuce methodistische Theologie als verankert in einem »festen und großzügigen Glauben« (»firm and generous faith«) bezeichnet. Entscheidend bleibt bei der Betonung der ganzheitlichen Erneuerung des Menschen, dass sie zwar in einer Erneuerung des Herzens wurzelt, sich jedoch nicht darin erschöpft. Nach wesleyanischem Verständnis ist die Erneuerung des Herzens nichts anderes als die Teilhabe an Gottes Erneuerung der ganzen Schöpfung. Persönliche Erneuerung als Teilhabe an der neuen Schöpfung lässt die menschliche Antwort auf Gottes Ruf als einen Akt des Mitwirkens an der Erneuerung der Schöpfung verstehen, ohne damit den Vorrang der Gnade Gottes in Abrede zu stellen. Der Mensch lebt in einer von Gottes Gnade durchwehten Welt. Er ist zur Mitarbeit an der Erneuerung der Schöpfung bzw. dem Wachsen des Reiches Gottes eingeladen. Darin erweist sich der Glaube, der in der Liebe tätig ist (vergleiche Galater 5,6), um es mit einem von John Wesleys Lieblingsversen auszudrücken.
Michael Nausner (Auszug)