Rezension
EmK Geschichte 31 (2010) Heft 1/2
Christoph Raedel gelang es, einen wirklich lesenswerten und weiterführenden Band über die charismatische Bewegung und den Methodismus zusammenzustellen und kompetente Autoren dafür zu gewinnen. Dafür ist ihm sehr zu danken.
Gegliedert ist das Buch in vier Hauptteile, ein Dokument »Leitlinien: Die Evangelisch-methodistische Kirche und die charismatische Bewegung« schließt sich an, abgerundet wird der Band durch Kurzbiographien der Autoren und ein Personen- und Sachregister.
Der erste Hauptteil wendet sich der jüngeren Geschichte zu. Je zwei Beiträge zeigen den Weg der charismatischen Bewegung in der EmK-Ost (Dieter Weigel und Thomas Röder) und -West (Walter Klaiber und Reiner Dauner) auf. Neben der grundlegenden Information lesen sich besonders erhellend die Beiträge von Dieter Weigel und Thomas Röder. Eine Innensicht (Weigel) und das Erleben der charismatischen Bewegung eher von außen (Röder) ergänzen sich nicht nur, sondern machen auch die manchmal grundlegend unterschiedliche Bewertung von Ereignissen und vom Handeln und Reden von Personen deutlich.
Im zweiten Teil geht es um die Hymnologie. James H. S. Stevens schreibt über »Das charismatische Liedgut im Lichte des frühen methodistischen Liedgutes«. Deutlich werden dabei Gemeinsamkeiten (biblische Sprache, Volkstümlichkeit) und Unterschiede, insbesondere die engere Themenwahl bei modernen »Lobpreisliedern«. Joachim Georg mit seinem Beitrag »›Wir loben unseren Gott von ganzem Herzen‹ — Anbetung in der Evangelisch-methodistischen Kirche« plädiert für einen eigenen liturgischen Schwerpunkt »Anbetung« in unserem Gottesdienst.
Die Reihe der theologischen Beiträge eröffnet Roland Gebauer mit einer Darstellung von biblisch-theologischen Leitlinien. Er versteht den Heiligen Geist als wirksame und zugleich geheimnisvolle Gegenwart des in Jesus Christus offenbaren Gottes. Villém Schneeberger zeigt auf, dass die Pneumatologie als Schlüssel für die Theologie John Wesleys gelten kann. Schließlich sucht Christoph Raedel eine Brücke zwischen methodistischer Theologie und charismatischer Erfahrung zu schlagen, indem er herausarbeitet, dass die Grunderfahrung aller Christen und die Betonung der Vielfalt der Gaben und Erfahrungsweisen dieser Grunderfahren einander ergänzen und bereichern können.
Im vierten Hauptteil erhalten die Leserinnen und Leser durch Praxisberichte weiterführende Eindrücke. Frank Drutkowski berichtet über die Gemeinde der Kreuzkirche in Berlin-Lankwitz und Frank und Irmgard Ufer über die Suchtkrankenhilfe »come back« in Zittau.
Mit großem Gewinn habe ich die verschiedenen Beiträge gelesen und kann das Buch allen empfehlen, die sich mit der charismatischen Bewegung, mit Erfahrungen und mit dem Gottesdienstverständnis beschäftigen.
Über die im Buch selber angeschnitten und behandelten Fragen hinaus blieb bei mir das Thema »Leitung« und »Autorität« in Verbindung mit Konnexionalismus und grundsätzlich demokratischen Leitungsgremien offen. Hier sehe ich weiteren Gesprächs- und Klärungsbedarf sowohl auf der theologischen Ebene als auch im konkreten Praxisfall.
Ulrich Ziegler