Rezension
Theologisches Gespräch 3/2010
Mit Robert Schnase, Bischof der Missouri-Konferenz der United Methodist Church in den USA, tritt ein pragender amerikanischer Autor methodistischer Prägung in die weltweite Diskussion um die heute angemessene Gemeindeentwicklung ein. Seine Erfahrungen und Konzepte hat er nicht nur in einem imposanten Internetauftritt (www. fivepractices.org), sondern seit 2007 auch in dem Buch: Five Practices of Fruitful Congregations dargelegt, das neuerdings von einer Autorenkommission der EmK ins Deutsche übersetzt wurde. Schnase nennt fünf einfache Praktiken, damit Gemeinden sich im Sinne Jesu missionarisch weiterentwickeln: Radikale Gastfreundschaft, leidenschaftlichen Gottesdienst, zielgerichtete Glaubensentwicklung, risikobereite Mission und außerordentliche Großzügigkeit. In ständiger einprägsamer Wiederholung mahnt er die Leser, diese Praktiken umzusetzen, um gesunde, dynamische und fruchtbare Gemeinden zu entwickeln. Die besondere Mischung von biblisch geprägter Theologie, Konkretisierungen im Spiegel der (methodistischen) Kirchengeschichte und Beispielen aus der Gemeindepraxis erweist sich als sehr anregend. Die praktischen Beispiele stellen keine Extravaganzen dar, sondern sie sind realitätsnah und umsetzbar für viele Gemeinden. Dabei geht es Schnase nicht um das Nachahmen bestimmter Methoden, sondern darum, die Leidenschaft für die Gemeinde und für die Menschen zu wecken.
Gegenuber anderen Veröffentlichungen zum Thema Gemeindeentwicklung seien besonders drei inhaltliche Akzente hervorgehoben: Wo Gemeinden ihre Mitglieder ermutigen, im Glauben auch einmal ein Risiko einzugehen and wenigstens für eine kurze Zeit einen missionarischen Dienst in einemanderen kulturellen Kontext zu wagen, wird die Gemeinde langfristig selbst davon profitieren und sich positiv verändern. Entscheidendes Gewicht gibt Schnase auch der Gewohnheit, »den Zehnten« für Gott und die Gemeinde zu geben, um einen Lebensstil im Sinne des Evangeliums einzuüben. Im abschließenden Kapitel des inhaltlichen Teiles setzt er sich sensibel und theologisch verantwortlich mit den modernen Gemeindeentwicklungskategorien des Wachstums, der Fruchtbarkeit and der Exzellenz im Gemeindeengagement auseinander.
In manchen Passagen (z. B. im Kapitel »Leidenschaftlicher Gottesdienst«) werden die theologischen Aussagen zu oft wiederholend ausgeführt, ohne dialogisch mit manchen Realitäten oder Infragestellungen ins Gespräch zu kommen. Doch das können Gemeindeleitungen, Mitarbeiterkreise und Hauskreise nachholen, indem sie sich die Fragen vornehmen, die am Ende eines jeden Kapitels formuliert sind und die entscheidende Aussagen noch einmal aufgreifen oder diese in die Praxis der Gemeinden hinein verlängern. Dass entscheidende Aussagen oder manche Beispielgeschichten grafisch vom Text abgesetzt sind, erleichtert die Lektüre sehr.
Auch wenn die »fünf Praktiken« in anderer Form und Begrifflichkeit schon von anderen Gemeindeentwicklungs- und Missionsautoren thematisiert worden sind, wirft das Buch in seiner speziellen methodistischen Prägung in Sprachduktus und Erfahrungswelt ein besonderes Licht auf die aktuelle Gemeindeentwicklungsdiskussion.
Michael Kißkalt